Ich umfahre mit meinem Schluchtenrenner den Dürrberg. Vor mir tut sich eine
idyllische Lichtung auf. Jetzt fällt mir auch das große Gebäude ins Auge, das
sich später als Gasthof Wagenthal herausstellt.
Die Sonne stand schon sehr tief am Himmel und ich mußte mir langsam über mein
Nachtquartier Gedanken machen. Nach sechs Tagen, die ich unter anderem im Wald,
an Bushaltestellen und auf Campingplätzen in meinem Schlafsack verbracht habe,
sehne ich mich nun doch danach, mal wieder eine Nacht in einem richtigen Bett zu
schlafen, um für die letzte schwere Etappe am nächsten Morgen gerüstet zu sein.
Der Duft von Bratkartoffeln zieht mich näher an das Haus heran. Nun sehe ich auch
den Biergarten, wo ich mich dann niederließ. Die Götter sind milde mit mir und ich
bekomme gleich ein kühles Weißbier. Nachdem ich die Speisekarte in Anfällen von
tierischem Heißhunger einmal ganz durchgegessen hatte, entdeckte ich eine ‚Weltneuheit‘:
Günters Spezialspeisekarte.
Darin fand ich außergewöhnliche Top-Gerichte der Saison. Die Knödel waren so heiß,
daß sogar der Schnee schmolz. Zum ersten Mal auf meiner Fahrt wurde ich richtig satt –
und das will was heißen !!! In diesem Gasthaus könnte ich Wurzeln schlagen; denn wenn
der Chef kocht, laufen mir nur so die Wasserfälle im Mund zusammen.
Als ich die Wirtin nach einer übernachtungsmöglichkeit fragte, konnte sie mir nur
noch das „Rosa Zimmer“ mit Balkon anbieten. Gesagt – getan! Nachdem ich mein Gepäck
im „Rosa Zimmer“ abgestellt habe, frisch geduscht war, kam ich braun wie ein gebeizter
Elch in die Gaststube. Dort ließ ich mich am Stammtisch nieder und die Zeit verflog im
Nu beim Erzählen. Zu vorgerückter Zeit lernte ich den besonderen Wagenthal-Service
kennen, der darin besteht, daß der Wirt nachts den letzten Gast persönlich aufs Zimmer
begleitet. Das nahm ich natürlich prompt in Anspruch.
Morgens um 9 Uhr gab es ein reichlich großes Frühstück und ich konnte mit neu getankter
Energie und einem großen Freßpaket meine letzte Etappe zur Weißmain- quelle antreten.
Nach einer rasanten Abfahrt kamen mir die Tränen in die Augen, denn ich wußte, daß ich
heute Abend den steilen Berg wieder hochfahren müßte.
Unten an der Kirche von Oberwarmensteinach angekommen, mußte ich mich ent- scheiden,
links oder rechts abzubiegen. Die Entscheidung wurde mir nicht leicht gemacht, denn
ein kurvenreiches weibliches Wesen zischte auf einem Fahrrad an mir vorbei in Richtung
Bayreuth.
Die Sonne kitzelte mich an der Nase, als ich die andere Richtung nahm als die flotte
Fahrerin .....
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